Roboter: Werden wir (srsly?) alle arbeitslos?

Die Industrialisierung im 19. Jahrhundert führte in ganz Europa zu Protesten. Historiker bezeichnen dies als den Maschinensturm. Heute wiederholt sich eine ähnliche Dynamik: Ein (kleiner) Sturm gegen Roboter.  Befürchtet werden momentan hauptsächlich mehr Arbeitslose. Doch ist diese Skepsis gerechtfertigt?

Es lohnt sich eine Auseinandersetzungen mit den Statistiken. Entscheidend dabei ist das Verhältnis der erwerbsfähigen und der tatsächlich erwerbstätigen Bevölkerung.  In der Schweiz lag die Erwerbstätigenquote 1996 bei 79.4%. Zwanzig Jahre später steigerte sich das Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und der Bevölkerung im 2014 auf 82.3%. In der EU stieg die Erwerbstätigenquote zwischen 2002 und 2014 von 66.7% auf 69.2%. Einzig in den USA sank diese Quote von einer Spitze von beinahe 77% 1999 auf 71.8% im 2014.

Welches aber sind die möglichen Einflussfaktoren, dass Roboter die Arbeitslosenzahl nach oben drücken? Es bietet sich die Auseinandersetzung mit zwei Aspekten an: Künstliche Intelligenz und die Frage, was nicht automatisierbar ist.

Eine wichtige Erkenntnis des technologischen Wandels ist, dass schwierige Herausforderungen einfach lösbar sind und scheinbar einfache Herausforderungen nur mit hohem Aufwand zu lösen sind. Anders gesagt: Google DeepMind kann in einem komplexen Strategiespiel den Meister des Fachs besiegen. Andererseits stellen sich bei der Simulation von einfacher Grundmotorik immer noch kostspielige Entwicklungshürden. Dieses Moravec‘ Paradox wurde in den 80er Jahren unter anderem von Hans Moravec beschrieben. Was aber wenn auch die einfachen (aber komplexen) Probleme durch künstliche Intelligenz und Roboter gelöst werden? Dazu braucht es eine Abgrenzung der Frage, was nicht automatisiert werden kann.

Eine gute Zusammenfassung bietet Beat Döbeli in seinem Buch Mehr als 0 und 1. Basierend auf den Erkenntnissen von Klaus Haefner hält Döbeli fest, dass Teamfähigkeit, Sozialkompetenz, Kreativität und Kommunikationskompetenzen nicht automatisierbare Fähigkeiten sind. Er ergänzt, dass mit diesen Kompetenzen „weniger Substituierbare“ auszubilden sind.  Damit werden neuen Anforderungen an unser Bildungssystem gestellt. Querdenkende Kreativgeister mit interkulturellen Führungsqualitäten werden gefragt sein!

Dies tönt nach einem elitären Verständnis von Erwerbsarbeit. „Warum gibt es immer noch so viele Jobs?“ fragt sich daher der MIT-Forscher David Autor berechtigterweise. Eine der zentralen Beobachtung seines Essay ist, dass Journalisten und Experten dazu neigen, die Situation generell zu übertreiben. Er präzisiert zudem, dass die Automatisierung die Produktivität steigern und das Einkommen erhöhen wird. Dadurch wird die Nachfrage nach Arbeitskräften nicht sinken. Die Verbesserung von AI, Robotern und gesteigerte Rechenleistungen verändern jedoch den Charakter von Arbeit und was dafür bezahlt wird. Gemäss Autor droht dabei ein weiteres Aufgehen der Einkommensschere.

Abschliessend betrachtet führt mich dieser Blog Beitrag zu folgender Frage: Wie viele arbeitslose Hufschmiede kennen Sie? Voilà! Trotz fortschreitender Automatisierung gehe ich davon aus, dass der Arbeitsmarkt die veränderte Nachfrage nach neuen Kompetenzen selber regeln wird. Es wird jedoch künftig wichtiger werden, dass die gefragte Fähigkeiten zwischen dem Arbeitsmarkt und dem Bildungssystem noch besser abgeglichen werden.

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Zukunft der Digitalen Bildung in der Schweiz

An der Schlussveranstaltung des Projektes ‚Schule im Netz‘ konstatierte Doris Leuthard im Jahr 2007, dass der Bildungssektor nun gerüstet sei für die Digitalisierung. Diese Schlussfolgerung erscheint neun Jahre später, mit einigen Ausnahmen, etwas voreilig.

Ich bin Mitbegründer des Vereins „Digitale Bildung Schweiz“ und in verschiedenen Dachverbänden zu diesem Thema engagiert. Insbesondere der Austausch mit den Bildungsprofis gibt Anlass zu folgender Frage: Wie kann die Digitalisierung von öffentlichen Schulen gefördert werden? Dazu habe ich drei Diskussionsgrundlagen skizziert.

Erstens: Die Rolle der Lehrpersonen

Auf seinem Blog spricht Philipp Wampfler davon, dass es keine „Digital Natives“ und „Digital Immigrants“ gibt. Sein Ansatz geht vielmehr davon aus, dass ein „selbstverständlicher Umgang“ mit digitalen Möglichkeiten von allen Personen, unabhängig vom Geburtsjahr, erworben werden kann. Wampfler hält in seinem Buch ‚Generation Social Media‘ zudem fest, dass „zwischen den spielerischen automatischen Lernprozessen und dem bewussten Gestalten von Lernumgebungen, in denen dank Begleitung erfahrener Coaches Grundfertigkeiten sicher angeeignet werden können“ unterschieden werden muss.

Lehrpersonen sind damit konfrontiert, dass bereits 1. Klässer die digitalen Geräte virtuos beherrschen. Dieses genuine Nutzungsverhalten ist aber nicht gleichzustellen mit der Medienkompetenz. Hier können sich Lehrpersonen als Gestalter von digitalen Lernprozessen positionieren, welche einen kompetenten Umgang mit Medien vermitteln. Orientierungshilfe geben dabei die Leuchttürme der digitalen Bildung, wie sie beispielsweise an der Primarschule in Arth-Goldau oder im Schulhaus Moosmatt in Luzern zu finden sind.

Zweitens: Kompetenz vor Technologie

Wir erinnern uns an die Sprachlabore, die 386er und 486er in den Schulzimmern. Der pädagogische Mehrwert dieser Investitionen war sehr bescheiden. In den letzten 25 Jahren hat man sich im Bildungssektor stets um die Frage gekümmert, welche Technologie ins Schulzimmer gehört. Der Global ICT Report 2015 des WEF kommt zu einer gegenteiligen Erkenntnis: Lehrpersonen müssen zuerst über entsprechende didaktische Fähigkeiten verfügen, um den Unterricht digital gestalten zu können. Dafür braucht es angepasste Angebote in der Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen.

Drittens: Umsetzung von Unten nach Oben

Die Digitalisierung des Unterrichtsmaterials muss unabhängig von Anbietern oder Firmen gemacht werden. Dabei bieten sich Open Educational Ressorces (OER) an, also von den Nutzern selbst generierte Lerninhalte. Der Verein „Digitale Bildung Schweiz“ hat hierfür die schwedische Erfolgsgeschichte Learnify in die Schweiz geholt. Learnify ist unabhängig von einem Betriebssystem oder einem Gerät und hat drei zentrale Vorteile:

  1. Die im Unterricht notwendigen Unterlagen können digitalisiert abgegeben werden. Dies kann ein statischer Text sein oder eine interaktive Lernressource. Somit sind kollaborative Lernformen und effektives netzbasiertes Lernen möglich.
  2. Die (multimedialen) Lerndokumente werden in eine Lern-Management Umgebung eingebettet – Lehrpersonen können damit Klassen, Gruppen oder einzelne Schüler individuell fördern, Diskussionen moderieren  sowie den Fortschritt von Einzelnen begleiten.
  3. Andere Anbieter von digitalen Lerninhalten werden unkompliziert in Learnify eingebunden. Neben den OER Ressourcen entsteht so eine Bibliothek von Inhalten – beispielsweise das Schulfernsehen oder eBooks.

Daten für das Gemeinwohl

Es ist 1965 und der Co-Founder von Intel macht eine Voraussage. Gordon E. Moore (Titelbild von Intel) orakelt, dass sich die Rechenleistung von Prozessoren jedes zweite Jahr verdoppeln wird. In den letzen 50 Jahren hat sich Moores Law bestätigt. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. (Notiz an mich selber: Graphene wird dabei entscheidend sein!).

Im Vorwort der Deutschen Ausgabe von Erik Brynjolfsson’s und Andrew McAfee’s WEF 2016 Pflichtlektüre „The Second Machine Age“ macht Prof. Dr. Herbert Henzler im Zusammenhang mit dem exponentiellen Wachstum der Rechenleistung einen interessanten Hinweis. Durch das Internet der Dinge und die gute Konnektivität steige auch die Menge der gesammelten Daten; Stichwort Big Data. Es stellt sich die Frage, wie sich das Wachstum der gesammelten Daten aus dem Internet (der Dinge) entwickelt: Verhält dieses sich parallel zum Moor’schen Gesetz oder multiplizierend dazu? Philipp Evans hat die Frage über Big Data in einem Aufsatz gut zusammengefasst. Basierend auf Evans ergeben sich folgende Big Data Trends:

  • Trend 1: Mit dem Smartphone ins schnelle Internet: Die Zugänge zu schnellem Internet in den G20-Ländern wächst rapide. Im 2010 waren es lediglich 800 Millionen Zugänge und die Hälfte davon über mobile Geräte. Im 2015 waren es bereits 2.7 Milliarden Zugänge und 80% davon mobil. Einen weiteren Sprung wird es mit der Einführung von 5G Standards geben.
  • Trend 2: Rasantes Wachstum des Datenberges: Innerhalb der letzten zwei Jahre wurde 90% der heute gespeicherten Daten gesammelt; 99% davon sind digitalisiert.
  • Trend 3: Datenvolumen werden erhöht: Die Speicherkapazität verdoppelt sich innerhalb von 13 Monaten; der Datendurchsatz bei Glasfaser verdoppelt sich innerhalb von neun Monaten.
  • Trend 4: IP fähige Sensoren werden günstig: Bis ins Jahr 2050 werden global 50 Milliarden Sensoren ins Internet rapportieren. Etwas mutigere Schätzungen rechnen mit über 10 Billionen (10^12) IP-Sensoren. Schon heute beträgt der Preis für einen RFID-Tag nur wenige Cents.
  • Trend 5: Social Media: Facebook hatte Ende 2015 1.55 Milliarden User und 80% nutzen Social Media via mobile Endgeräte. Der daraus resultierende Datenberg ist eine verlässliche Goldader.

Kollidieren nun die Entwicklung der Prozessoren nach Moores Law sowie die Trends im Bereich Big Data, darf man von einer echten Disruption sprechen. Vor dieser Kollision und deren Auswirkungen wird auch umfassend gewarnt. So verlangt der CEO von Accenture, dass die soziale Wirkung der Digitalisierung verstärkt im Auge behalten werden muss. Doch was ist hier zu tun?

Man spricht hierbei von einer digitalen Selbstbestimmung, also dem Bürger einen informierten und kompetenten Umgang mit seinen Daten zutrauen ermöglichen. Der Schlüssel dazu ist gezielte Bildung. Zusätzlich schlage ich jedoch vor, dass Daten dem Gemeinwohl zur Verfügung gestellt werden. Es gibt hierzu Projekte von globalen Unternehmen, die „Big Data for Humanity“ erfolgreich betreiben.

Mit „Big Data for the Public Good“ empfehle ich aber einen grundlegenderen Ansatz, bei welchem der Staat, die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft gleichermassen profitieren. Richtig eingesetzt fördert dies den Wohlstand und steigert die Akzeptanz von datenbasierten Geschäftsmodellen. Die möglichen Umsetzungen dazu werde ich auf diesem Blog sammeln – ich bleibe dran!