Daten für das Gemeinwohl

Es ist 1965 und der Co-Founder von Intel macht eine Voraussage. Gordon E. Moore (Titelbild von Intel) orakelt, dass sich die Rechenleistung von Prozessoren jedes zweite Jahr verdoppeln wird. In den letzen 50 Jahren hat sich Moores Law bestätigt. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. (Notiz an mich selber: Graphene wird dabei entscheidend sein!).

Im Vorwort der Deutschen Ausgabe von Erik Brynjolfsson’s und Andrew McAfee’s WEF 2016 Pflichtlektüre „The Second Machine Age“ macht Prof. Dr. Herbert Henzler im Zusammenhang mit dem exponentiellen Wachstum der Rechenleistung einen interessanten Hinweis. Durch das Internet der Dinge und die gute Konnektivität steige auch die Menge der gesammelten Daten; Stichwort Big Data. Es stellt sich die Frage, wie sich das Wachstum der gesammelten Daten aus dem Internet (der Dinge) entwickelt: Verhält dieses sich parallel zum Moor’schen Gesetz oder multiplizierend dazu? Philipp Evans hat die Frage über Big Data in einem Aufsatz gut zusammengefasst. Basierend auf Evans ergeben sich folgende Big Data Trends:

  • Trend 1: Mit dem Smartphone ins schnelle Internet: Die Zugänge zu schnellem Internet in den G20-Ländern wächst rapide. Im 2010 waren es lediglich 800 Millionen Zugänge und die Hälfte davon über mobile Geräte. Im 2015 waren es bereits 2.7 Milliarden Zugänge und 80% davon mobil. Einen weiteren Sprung wird es mit der Einführung von 5G Standards geben.
  • Trend 2: Rasantes Wachstum des Datenberges: Innerhalb der letzten zwei Jahre wurde 90% der heute gespeicherten Daten gesammelt; 99% davon sind digitalisiert.
  • Trend 3: Datenvolumen werden erhöht: Die Speicherkapazität verdoppelt sich innerhalb von 13 Monaten; der Datendurchsatz bei Glasfaser verdoppelt sich innerhalb von neun Monaten.
  • Trend 4: IP fähige Sensoren werden günstig: Bis ins Jahr 2050 werden global 50 Milliarden Sensoren ins Internet rapportieren. Etwas mutigere Schätzungen rechnen mit über 10 Billionen (10^12) IP-Sensoren. Schon heute beträgt der Preis für einen RFID-Tag nur wenige Cents.
  • Trend 5: Social Media: Facebook hatte Ende 2015 1.55 Milliarden User und 80% nutzen Social Media via mobile Endgeräte. Der daraus resultierende Datenberg ist eine verlässliche Goldader.

Kollidieren nun die Entwicklung der Prozessoren nach Moores Law sowie die Trends im Bereich Big Data, darf man von einer echten Disruption sprechen. Vor dieser Kollision und deren Auswirkungen wird auch umfassend gewarnt. So verlangt der CEO von Accenture, dass die soziale Wirkung der Digitalisierung verstärkt im Auge behalten werden muss. Doch was ist hier zu tun?

Man spricht hierbei von einer digitalen Selbstbestimmung, also dem Bürger einen informierten und kompetenten Umgang mit seinen Daten zutrauen ermöglichen. Der Schlüssel dazu ist gezielte Bildung. Zusätzlich schlage ich jedoch vor, dass Daten dem Gemeinwohl zur Verfügung gestellt werden. Es gibt hierzu Projekte von globalen Unternehmen, die „Big Data for Humanity“ erfolgreich betreiben.

Mit „Big Data for the Public Good“ empfehle ich aber einen grundlegenderen Ansatz, bei welchem der Staat, die Zivilgesellschaft und die Wirtschaft gleichermassen profitieren. Richtig eingesetzt fördert dies den Wohlstand und steigert die Akzeptanz von datenbasierten Geschäftsmodellen. Die möglichen Umsetzungen dazu werde ich auf diesem Blog sammeln – ich bleibe dran!

Crispr: Eine Zukunft ohne Krankheiten

Forschenden ist es gelungen, einen einfachen Schutzmechanismus von Zellen so umzuprogrammieren, dass damit gezielt DNA-Sequenzen verändert werden können. Die Methode nennt sich etwas umständlich Crispr/Cas9 und ist im eigentlichen Sinne genetische Chirurgie. Damit können präzise Eingriffe an bestimmten Sequenzen der DNA kostengünstig und mit hohen Erfolgsaussichten verändert werden. Vereinfacht gesagt bedient sich Crispr einer Suchen & Ersetzen Funktion, um unerwünschtes mit einer erwünschten Alternative zu ersetzen. Krebs raus, Wohlbefinden rein.

Unter gewissen Voraussetzungen wirken diese Eingriffe nachhaltig. Nämlich so, dass die Veränderungen in der DNA-Sequenz an die nächste Generation vererbt werden.

Was aber, wenn die Methode eingesetzt wird um Parkinson oder Stoffwechselkrankheiten zu eliminieren? Bevor es soweit ist, werden wir uns einer anspruchsvollen Diskussion stellen müssen. Es gilt gesellschaftlich und politisch zu klären, unter welchen Voraussetzungen das Skalpell an menschlichen, tierischen und pflanzlichen Genomen angesetzt werden darf.

Eine führende Rolle in der Entwicklung und der Diskussion über Gen-Editierung nimmt Jennifer Doudna von der Universität Berkeley ein. Deren Blog „Innovative Genomics Initiative“ gilt es im Auge zu behalten. Das wird der Ort sein, wo in den nächsten Jahren ein Nobelpreis verkündet werden kann.

Nebenbei: Wie wird die Pharamindustrie auf eine skizzierte Zukunft ohne Krankheiten reagieren?

 

Eidgenössische Digitale Staatsbürgerschaft

Die digitale Morgenröte scheint am schönsten in Estland. Das ist keine Prosa sondern Realpolitik. Die estnische Regierung setzt schon lange auf eine konsequente Digitalisierung staatlicher Dienstleistungen. Bemerkenswert ist dabei die e-Residency.

Das Angebot einer digitalen Staatsbürgerschaft zeigt, wie konsequent die Verantwortlichen in Estland die Digitalisierung umsetzen. Die e-Residency bietet Unternehmen einen einfachen und direkten Marktzugang. Im 2009 (sic!) reichte dies sogar zu einem Weltrekord: Die schnellste Zeit für die Gründung einer Rechtskörperschaft. In 18 Minuten.

Die Vorteile der estnischen Lösung liegen auf der Hand: Mit geringen Kosten können Unternehmer eine Entität gründen, welche EU-Recht untersteht. Notabene ohne ins Land zu reisen oder jemanden vor Ort damit zu beauftragen. Für die Geschäftsführung stehen eine webbasierte Buchführung mit einer Schnittstelle an die digitale Steuererklärung zur Verfügung. Will man lokale Verträge abschliessen, können sich die Vertragsparteien einer digitalen Signatur bedienen.

Also, liebe Weichensteller der Schweizer Wirtschaft: Was sind nun die Hausaufgaben um eine Eidgenössische Digitale Staatsbürgerschaft einzuführen?

Das Rückgrat bildet eine validierbare digitale Identität. Der Bundesrat hat dazu im Januar 2016 eine vernünftige Entscheidung getroffen. Bis Ende 2016 soll das EJPD eine Vernehmlassung erarbeiten, damit entsprechende Dienstleister aus dem Markt ihre Services zertifizieren lassen können. Hinsichtlich der Kadenz des technologischen Wandels macht eine marktnahe Umsetzung viel Sinn.

Ist eine eID praktikabel eingerichtet müssen die Details geregelt werden: Eine nahtlose Anbindung an die relevanten nationalen und kantonalen Behörden. Was ist dabei das grösste Risiko? Der Faktor Zeit. Den aus der estnischen Morgenröte wird in absehbarer Zeit ein Sommertag, den wir nicht verschlafen sollten.

Your Own Personal Data Broker

„Ist etwas gratis bist du das Produkt“ ist ein Bonmot und 2016 kein neues Geschäftsmodell mehr. Dies sickert langsam in unser Verständnis einer digitalen Realität. Hingegen stört sich der Common Sense immer noch an den mächtigen Datenkraken im Internet. Etwas neuer ist da die Forderung, dass der User seine persönlichen Daten selber monetarisieren solle. Ein entsprechender Vorstoss wurde im April 2015 vom Bundesrat abgelehnt. Er verwies insbesondere auf die für Sommer 2016 angesetzte Vernehmlassung zur Revision des Datenschutzgesetzes.

Hinter dem Vorstoss steck ein neuer Business-Case und die wichtige Frage: Wer ist eigentlich mein persönlicher Datenbroker?

Die in der Schweiz ansässige Healthbank hat ein Modell entwickelt, welches voraussichtlich 2016 gestartet wird. Die Logik des Start-ups besticht: Privatpersonen werden Mitglied in der Genossenschaft Healthbank. Diese agiert als Data-Controller der individuellen Gesundheitsdaten. Die Genossenschafter bestimmen selber, welche Daten auf ihr Konto bei der Healthbank fliessen. Es entstehen damit zwei neue Geschäftsfelder. Beispielsweise:

  • Über eine Transaktionplattform – eine AG zuständig für das Data Processing – kann der Genossenschafter seine Daten für eine wissenschaftliche Studie freigeben und erhält dafür einen realen Benefit
  • Ein Medizinalgeräte Hersteller nutzt die Healthbank als neutralen Provider für seine digitalen Services

Die Daten bleiben auch beim zweiten Beispiel immer im Besitz des Genossenschafters. Gerade dieser Aspekt bedeutet für viele Firmen ein Paradigmenwechsel. Vergleicht man jedoch den schieren Datenbesitz mit den valablen Reputations-Risiken mit Gesundheitsdaten ist die Rechnung leicht gemacht.

Es wird sich zeigen, ob das Vertrauen in „Citizen-Owned“ Services auf Seiten der Konsumenten und bei Firmen erarbeitet werden kann. Eines steht fest: Wir müssen lernen, dass wir neben einem klassischen Bankkonto bald auch ein „Daten-Bankkonto“ einrichten und führen müssen.

Digitaler Schulterschluss für die Schweiz

Die digitale Agenda der Eidgenossenschaft ist in der Tat sehr diffus. Es wird die Frage nach einem neuen „Staatssekretariat für die Digitale Gesellschaft“ aufgeworfen, Unterstützung gibt es sogar aus bürgerlichen Kreisen, die sonst skeptisch sind, wenn es um die Frage der Schaffung neuer Amtsstellen geht. Ein wesentlicher Treiber hinter der Diskussion ist wohl die internationale Entwicklung: die EU emanzipiert sich von den USA in Sachen Datenschutz und entscheidet sich mutig für einen eigenen digitalen Binnenmarkt in der EU. Stellt sich die Frage, ob die Schweiz hier auf dem richtigen Weg ist? Ohne Umweg über die EU lässt sich diese Frage nicht beantworten. „Digitaler Schulterschluss für die Schweiz“ weiterlesen